Automotive: Was ist eigentlich Sound-Design?
Man kennt sie in jeder Großstadt: Auf Sport getunte Autos, die mit lautem Auspuffröhren daher kommen. Ihre Besitzer halten das für für geil. Alle anderen sind eher genervt. Aber kaum einer weiß, dass heute viele Autos mit künstlichem Sound ausgestattet sind, der weder vom Motor noch vom Auspuff herrührt.
Mir begegnete das Thema zum ersten Mal, als ich mit dem Produktmanager eines kleinen Automotive-Zulieferers sprach. Das Unternehmen will ich hier nicht nennen, da niemand das Geheimnis erfahren darf, das hinter der Soundkulisse vieler Autos steckt. Doch wozu eigentlich im Auto künstlich Sound erzeugen? Ich persönlich mag eigentlich Autos, die möglichst gar keine Geräusche machen. Aber wie ich erfuhr, sehen das Andere ganz anders.
Eine Auswirkung der immer strengeren Abgasnormen ist auch der Trend zu immer kleineren Motoren. Die werden dann mit einem Kompressor aufgeladen, um trotz fehlendem Hubraum ordentlich Leistung zu bringen. Das Problem dabei: Wir verbinden einfach einen starken Motor mit sonorem Klang. Ein kleiner Motor klingt jedoch einfach nicht so, wie es sich der Autokäufer bei einem 200 PS-Gefährt vorstellt. Also greift man zu akustischen Tricks, um ihm das Auto dennoch schmackhaft zu machen. Bei Mercedes genauso wie bei VW und bei BMW erst recht.
Die Lösung sind Sound-Aktuatoren. Sie erzeugen niederfrequente Schwingungen, die direkt auf die Karosserie des Fahrzeugs übertragen werden. Wie das Ganze klingen soll, kann man programmieren, denn da hat jeder Hersteller seine ganz eigenen Vorstellungen. Auf jeden Fall soll der Fahrer hören, dass da vorne im Motorraum etwas passiert, wenn er das Gaspedal niederdrückt. Die Fachleute sagen: Er soll einen Feedback bei der Interaktion mit dem Fahrzeug bekommen. Und da muss eben ein sportliches Coupé anders klingen als eine bequeme Limousine.
Eine ganz andere Anwendung ist die E-Mobilität. Elektrofahrzeuge haben eben keinen Motor, in dem Explosionen stattfinden, die immer eine gewisse Geräuschentwicklung entfachen. Ein Elektromotor stellt nicht nur von der ersten Umdrehung an sein volles Drehmoment zur Verfügung. Er braucht auch kein Getriebe. Er dreht sich einfach und erzeugt dabei bestenfalls ein leises Summen.
Das widerspricht nun mal total dem Akustikprofil, das wir von einem Auto gewohnt sind. Drückt man bei einem Tesla das Gaspedal, gibt es überhaupt kein akustisches Feedback. Das Fahrzeug wird einfach schneller und das völlig unspektakulär. Manchen gefällt das. Andere sind eher ein wenig enttäuscht.
Deshalb statten mehrere Hersteller ihre E-Autos mit Sound-Aktoren aus, die ein subtiles, aber dennoch vorhandenes Fahrzeuggeräusch bewirken. Das Geräusch ist an das Fahrverhalten gekoppelt, sodass der Fahrer immer eine gewisse akustische Reaktion des Fahrzeugs wahrnimmt.
Wobei die Aktuatoren bei einem E-Auto ganz bewusst auch nach außen wirken. Das müssen sie sogar von Gesetz wegen. Es kann einfach ein Problem sein, wenn sich ein Fahrzeug von hinten einem Fußgänger oder Radfahrer nähert, ohne dass der es mitbekommt.
Mein neues Auto lässt sich übrigens zwischen sportlich, komfortabel und wirtschaftlich umschalten. Im Handbuch steht dabei etwas vom „akustischen Profil“. Ich weiß also, dass hier nicht nur unterschiedliche Schaltvorgänge und Dämpferkennungen im Spiel sind, sondern auch ein Sound-Aktuator, der irgendwo heimlich am Wirken ist.